Der Rat der Justizminister der EU hat heute die Rom I-Verordnung verabschiedet. Das Europäische Parlament hatte dem Rechtsakt bereits im November 2007 zugestimmt. Die neue Verordnung regelt, welches Recht innerhalb der europäischen Union auf internationale schuldrechtliche Verträge anwendbar ist.

Mit der Rom I-Verordnung erhalten die EU-Bürger im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr mehr Rechtssicherheit. Künftig richtet sich beispielsweise das auf grenzüberschreitend geschlossene Versicherungsverträge anzuwendende Recht nicht mehr nach einem unübersichtlichen Regelungsgeflecht, sondern einheitlich nach der Rom I-Verordnung. Die Rom I-Verordnung löst in den Mitgliedstaaten der EU das sog. Rom-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von 1980 ab.
Die Verordnung regelt vor allem bei den „klassischen“ Sachverhalten des Wirtschaftsverkehrs, die eine Verbindung zu mehreren Rechtsordnungen haben, welche dieser Rechtsordnungen im Einzelfall anzuwenden ist:
Geschäfte zwischen Gewerbetreibenden
Bestellt ein deutscher Unternehmer über eine interaktive Website im Internet bei einem portugiesischen Händler Wein, stellt sich die Frage, ob auf den Kaufvertrag deutsches oder portugiesisches Recht anzuwenden ist. Die Rom I-Verordnung erlaubt den Vertragspartnern auch künftig, das anzuwendende Recht selbst zu wählen. Machen sie davon keinen Gebrauch, findet das Recht am Ort der Partei Anwendung, die die geschäftstypische Leistung erbringt. Das wäre im vorliegenden Fall die Lieferung des Weins durch den Weinhändler. Portugiesisches Recht käme zur Anwendung.
Verbraucherverträge
Sondervorschriften sieht die Verordnung für die strukturell „schwächere“ Partei vor. Wäre der Käufer im vorgenannten Fall etwa kein deutscher Unternehmer, sondern ein deutscher Verbraucher, hätten die Parteien das anzuwendende Recht zwar auch wählen können. Doch der portugiesische Weinhändler hätte gleichwohl die zwingenden Vorschriften des Verbraucherrechts (hier also des deutschen Rechts) berücksichtigen müssen – beispielsweise Gewährleistungsfristen. Treffen die Parteien keine Rechtswahl, kommt bei Verbraucherverträgen zudem nicht das Recht des Unternehmers, sondern immer das des Verbrauchers zur Anwendung.
Wie die Regelung für Verbraucherverträge ausgestaltet sein sollte, war bis zum Schluss der Verhandlungen umstritten. Ursprünglich hatten die Europäische Kommission und ein erheblicher Teil der Mitgliedstaaten gefordert, die Rechtwahlmöglichkeit bei Verbraucherverträgen abzuschaffen. Dies war insbesondere bei Deutschland, Luxemburg und Teilen des Europäischen Parlaments auf Widerstand gestoßen.
Aber auch der Verbraucher kommt nicht zu kurz: Seine berechtigten Interessen werden geschützt, indem in jedem Fall die „zwingenden“ Vorschriften seines Heimatrechts zu seinen Gunsten gelten. Außerdem wird der Anwendungsbereich des Verbraucherschutzes in der Verordnung ohnehin schon ausgebaut. Früher wurde der Verbraucher nur bei Warenkauf- und Dienstleistungsverträgen sowie darauf bezogenen Kreditverträgen geschützt. Künftig gelten die verbraucherschützenden Vorschriften für alle Verbraucherverträge.
Rom I ist die zweite Verordnung, die auf Gemeinschaftsebene einheitliche Vorschriften zum anwendbaren Recht vorsieht. Unter deutscher Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 war bereits Rom II (Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht) verabschiedet worden, die am 11. Januar 2009 in Kraft treten soll und deren Umsetzung in deutsches Recht sich bereits im Gesetzgebungsverfahren befindet.
Die heute verabschiedete Rom I-Verordnung wird 18 Monate nach ihrer Verabschiedung – also im Dezember 2009 – wirksam. Dann gilt die Verordnung in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar mit Ausnahme von Dänemark, das aufgrund einer Sonderregelung im EG-Vertrag nicht an Maßnahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen teilnimmt. Demgegenüber darf das Vereinigte Königreich aufgrund eines Zusatzprotokolls zum EG-Vertrag noch über seine Teilnahme entscheiden.