SWIFT-Internimsabkommen mit den USA scheitert im EU-Parlament

Das Europäische Parlament ist heute der Empfehlung seines Innenausschusses gefolgt und hat das SWIFT-Interimsabkommen mit den USA abgelehnt.

SWIFT-Internimsabkommen mit den USA scheitert im EU-Parlament

Im Zuge einer Umstrukturierung hatte der in Belgien ansässige Finanzdienstleister SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) im Herbst 2007 entschieden, die europäischen Transferdaten zukünftig auf Rechnern in den Niederlanden und in der Schweiz zu speichern, statt wie bisher in den Niederlanden und (als Sicherungskopie) in den USA. Im letzten Sommer hat SWIFT sodann das Zentrum zur Speicherung seiner europäischen Daten der Schweiz in Betrieb genommen, sodass nun innereuropäische Daten nur in Europa gespeichert wurden, der Speicherung einer Sicherungskopie in den USA wurde eingestellt. Hierdurch wurde den USA der Zugriff auf die Daten der SWIFT-Überweisungen entzogen. Über SWIFT werden (nach eigenen Angaben von SWIFT) täglich rund 15 Millionen Banktransaktionen weltweit abwickelt, darunter auch Standardüberweisungen innerhalb der EU.

Der Ministerrat der Europäischen Union beugten sich in der Folge dem „Wunsch“ der USA und schlossen ein neues Abkommen zwischen der EU und den USA, das den USA unter bestimmten – weit gefassten – Bedingungen wieder den Zugriff auf die Daten der für EU-Kunden ausgeführten SWIFT-Überweisungen ermöglichte. Dieses Interimsabkommen sollte zunächst nur für eine Übergangszeit von neun Monaten gelten, während der ein neues, detailierteres Abkommen zwischen der EU und den USA ausgehandelt werden sollte.

Das SWIFT-Interimsabkommen wurde zwischen der EU-Kommission und dem EU-Ministerrat einerseits und den USA andererseits ausgehandelt, ohne das Europäische Parlament einzubeziehen, obwohl das Europäische Parlament nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon das Abkommen ablehnen kann. Das Abkommen wurde von den Innen- und Justizministern zwar am 30. November 2009, also vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages, unterzeichnet, aber erst nach dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags formell ratifiziert, weshalb die Zustimmung des Parlaments notwendig.

Das Abkommen sah sein Inkrafttreten eigentlich für den 1. Februar 2010 vor, allerdings hatte SWIFT zuvor bereits erklärt, das Abkommen nur mit einer einwandfreien Rechtsgrundlage umsetzen und dafür das Votum des Europaparlaments abwarten zu wollen.

Das Europäische Parlament verweigerte nun heute diesem Interimsabkommen zur Übertragung von EU-Bankdaten an die USA über den Finanzdienstleister SWIFT mit 378 Stimmen bei 196 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen seine Zustimmung. Hintergrund der Ablehnung waren Bedenken hinsichtlich Datenschutz, Verhältnismäßigkeit und Gegenseitigkeit. Die Europaabgeordneten folgten damit dem Innenausschuss des EU-Parlaments, das gestern die Ablehnung empfohlen hatte, da nicht hinreichend gewährleistet sei,

  • dass die USA die Daten nur im Rahmen der Terrorbekämpfung einsetzen,
  • dass die Daten nicht unverhältnismä?ig lange gespeichert werden könnten und
  • dass die EU-Bürger im Einzelfall keine Auskunft darüber bekommen können, welche ihrer persönlichen Daten warum an die US-Behörden weitergeleitet werden.

Mit der Ablehnung des SWIFT-Übergangsabkommens durch das Europoäische Parlament ist dem Abkommen auf EU-Seite die Grundlage entzogen worden, die Ratifizierung des Abkommens ist damit gescheitert. Freilich kann noch ein neues Abkommen ausgehandelt werden, wozu das Europäische Parlament zugleich mit der Ablehnung des bisherigen Abkommens Kommission und Rat auch aufforderte. Die EU-Abgeordneten bestehen jedoch darauf, dass jedes neue Abkommen den Anforderungen des Lissabon-Vertrags und der EU- Charta der Grundrechte entsprechen muss.

Das Scheitern des Interimsabkommens bedeutet jedoch nicht, dass die USA nicht doch noch weiterhin die SWIFT-Finanzdaten aus Europa geliefert bekommen, denn ein gegenseitiges Rechtshilfe-Abkommen zwischen der EU und den USA ermöglicht den Austausch von Daten im Rahmen der nationalen Gesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten.

Zugleich mit der Ablehnung des SWIFT-Interimsabkommens wiederholten die Europaabgeordneten ihre bereits am 17. September 2009 formulierten Anforderungen an den Datenschutzstandard eines künftigen SWIFT-Abkommen mit den USA:

  • Das Abkommen müsse die Rechte der EU-Bürger auf Schutz ihrer persönlichen Daten in vollem Umfang wahren,
  • die US-Behörden sollten die gesammelten Daten nur für Zwecke der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung verwenden dürfen, und
  • übermittelte Daten sollten „den gleichen Rechtsmittelverfahren unterliegen wie innerhalb der Europäischen Union gespeicherte Daten,
  • einschließlich Schadenersatz im Fall einer rechtswidrigen Verarbeitung personenbezogener Daten